Eine spannende Kameliengeschichte
Die Kamelie hat in ihren Ursprungsländern China und Japan eine lange und faszinierende Geschichte. Nach Europa aber fand sie erst, als mit der steigenden Beliebtheit des Teetrinkens im 17. und 18. Jahrhundert der Teehandel mit China aufkam. Die großen Entdecker waren die Engländer. Sie brachten die ersten Pflanzen in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts nach Europa. Hier wurde die Kamelie im 19. Jahrhundert zur begehrtesten und teuersten aller Blumen. Alexandre Dumas schrieb 1848 den Roman «Die Kameliendame», und Giuseppe Verdi verwendete diesen Stoff zu seiner Oper La Traviata, uraufgeführt in Venedig am 6. März 1853.
Es dauerte nicht lange, bis die Kamelie nach Amerika gelangte und sich mit dem Auswandererstrom bis nach Australien und Neuseeland verbreitete, wo bis heute noch viele wunderbare alte Bäume aus jener Zeit überlebt haben.
Noch immer gilt die Kamelie als Symbol für Glück, Wohlergehen und ein langes Leben.
DIE NOMENKLATUR (Benennung der Pflanzen)
Sie wurde zu einem großen Problem für die Botaniker und Züchter. Dies ausfolgenden Gründen: Eine ungewöhnliche Charakteristik zeigt die Camellia japonica, wenn sie aus Samen gezogen wird. Die Blüten der Sämlinge gleichen nur selten der Mutterpflanze, sie variieren in Größen, Formen und Farben.
Auch die Formen und Größen der immergrünen Blätter können variieren.
Ein interessantes Beispiel hierfür kommt aus der südlichen Hälfte des Erdballes, aus Australien. Der verstorbene Professor E.G. Waterhouse, ein hervorragender Kamelienexperte, hatte eine Pflanze der Camellia saluenensis aus England importiert und diese mitten unter die Camellia japonica in seinen Garten gepflanzt.
Sie blühte jedes Jahr, doch nach einer starken Blüteperiode, und nachdem sie Samen angesetzt hatte, ging sie 1946 ein. Es dauerte aber nicht lange, da erschienen zweiundzwanzig Sämlinge rund um die Pflanze herum. Sie wurden eingetopft und aufgezogen, da man glaubte, es gebe damals kein weiteres Exemplar der Camellia saluenensis in Australien. Als aber die Pflanzen zu blühen begannen, wurde plötzlich klar, dass die Bienen und die vielen honigessenden Vögel Australiens eine sehr gute Arbeit bei der Kreuzungs-Bestäubung geleistet hatten. Die Sämlinge wiesen die klaren Merkmale einer Kreuzung auf, und viele von ihnen wurden auch in diesem Sinne benannt.
Wenn man aber eine bestimmte Sorte fortpflanzen will, so ist eine vegetative Vermehrung unumgänglich, z. B. mit Stecklingen oder durch Veredlung. Unumgänglich. Selbst dann können bei der Camellia japonica Veränderungen entstehen, wie nachstehend beschrieben:
Einige Sorten der Camellia japonica besitzen nämlich eine verblüffende Eigenschaft. Sie produzieren sogenannte Chimären, Mutationen oder Sports, das heißt, eine Pflanze mit gewöhnlich weißen Blumen trägt plötzlich andersfarbige Blüten. Es kann sich dabei um verschiedene Rosa- oder Rottöne handeln, Streifen oder Bänder. Manchmal kommen sogar mehrfarbige Blatttönungen vor. Die Mutation findet in einer Knospe statt, und alle Zweige, die sich nach jenem Punkt entwickeln, produzieren die neue Blütenform. Es gibt eine komplizierte wissenschaftliche Erklärung für die Ursache dieses Phänomens. Mit der Aktivität von Bienen jedoch hat diese Art der Veränderung nichts zu tun. Da ähnlichen Sports an vielen Orten und in verschiedenen Ländern entstehen können, werden sie auch unterschiedlich benannt, was zu der großen Verwirrung in der Kamelien-Nomenklatur führte.
Der Australier Prof. E.G. Waterhouse hat begonnen, eine international gültige Nomenklatur zu erarbeiten. Sein Nachfolger, T. Savage, ist heute daran, dieses enorme Werk zu vollenden.
Einiges von dieser Arbeit ist enthalten in einem Buch von Stirling Macoboy, das 1981 erschienen ist zum 150. Jahrestag der Ankunft der ersten Kamelie in Australien.
Eine amüsante Geschichte gibt es über die Ankunft der Donckelarii in Europa:
Dr. Siebold, ein deutscher Botaniker, brachte die ersten Exemplare der «Donckelarii» aus Japan, zusammen mit wunderschönen Lilien und vielen anderen feinen Gegenständen, die nach der Landung in Antwerpen verschwanden. Der Zufall wollte es, dass Dr. Siebolds Kisten genau zu jenem Zeitpunkt eintrafen, als die Franzosen die Zitadelle von Antwerpen belagerten (um die Jahre 1831/34). Der Platz, wo die Kisten hingestellt waren, füllte sich plötzlich mit Kavalleriepferden, welche alles derart zertrampelten, dass es ein Wunder ist, dass auch nur ein einziges Blatt gerettet wurde.
André Docklaer bekam die Erlaubnis, die Kamelien aus den Kisten zu nehmen, und es gelang ihm, einige zu retten. Er benannte sie «Donckelarii». Er war damals der Gärtner in Louvain (Löwen).
Welch ein Glück, dass die französischen Kavalleriepferde nicht alle Kamelien völlig zertrampelten!